Das Erongo und Omandumba
Geschichte und Gegenwart des Erongo
Die imposante Granitlandschaft des Erongogebirges ist die Kulisse für eine eindrucksvolle Reise durch Vergangenheit und Gegenwart Omandumbas. Geologische Großereignisse wie das Zerbrechen des Gondwanakontinents vor 130 Millionen Jahren, das Leben der ersten Menschen in der Region vor 300.000 – 500.000 Jahren, die 2000 – 4000 Jahre alten Felsbilder der Jäger und Sammler und eine seit Jahrtausenden nur wenig veränderte atemberaubende Tier- und Pflanzenwelt...All das kann auf Omandumba hautnah erlebt werden, sei es auf den angebotenen Farmrundfahrten oder eigenen Wanderungen. Und am Ende eines ereignisreichen und spannenden Tages ist kaum ein Ort geeigneter, über Herkunft und Geschichte des Menschen und über das Leben in diesem Teil Afrikas nachzusinnen als einer der hoch gelegenen Sundownerplätze mit Blick in die weite Ebene des Damaralandes.
Wenn zwei sich trennen...
Die Farm Omandumba liegt unmittelbar außerhalb des nordwestlichen Kraterrandes des Erongo-Vulkans, eingebettet in eine der beeindruckendsten Granitlandschaften Namibias. Der heute erloschene Vulkanbau hat einen Durchmesser von 40 km und überragt die umliegende Ebene des Damaralandes um rund 1000 m. Er entstand vor 130 Millionen Jahren. Damals nahm ein einziger großer Superkontinent große Teile der Südhalbkugel ein: das sogenannte Gondwanaland. Es bestand aus den Landmassen, die später einmal Afrika, Südamerika, Australien, die Antarktis und Indien werden sollten. Als sich diese Landmassen voneinander weg bewegten, drangen große Massen flüssigen Magmas an die Oberfläche. Viele Millionen Jahre lang kam es immer wieder zu gewaltigen Eruptionen, bis der Vulkanbau schließlich einstürzte. Magmen, die dann noch aufstiegen, erreichten die Oberfläche nicht mehr. Sie sammelten sich in der Erdkruste und bildeten dort gewaltige Blasen flüssigen Gesteins. Es erkaltete schließlich zu festem Granitgestein, das Wind und Wetter während vieler Millionen Jahre freilegte. Wer also auf einer der Farmrundfahrten oder alleine wandernd auf Omandumba unterwegs ist, mag sich vorstellen, dass er sich durch Felsformationen bewegt, die einstmals tief in der Erdkruste gelegene Kammern voll flüssigen Magmas waren.
Vom Faustkeil zur Bilderwand
Auf Omandumba fanden seit den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts immer wieder archäologische Untersuchungen statt, die wesentliche Erkenntnisse zum Verständnis der Urgeschichte Namibias beisteuerten. Deutsche, in jüngerer Zeit auch französische und namibische Forscher trugen dabei spannende Informationen zusammen, die auch den Gästen gerne vermittelt und anhand von Funden erläutert werden. Schon vor 300.000 - 500.000 Jahren durchstreiften Menschen Omandumba. Sie gehörten der Frühmenschenart Homo erectus an. Davon zeugen sehr seltene, erst kürzlich entdeckte Faust- und Spaltkeile. Archäologen bezeichnen diese Zeit als Early Stone Age. Aus der darauf folgenden Zeit zwischen 250.000 und 30.000 Jahren, dem Middle Stone Age, stammt dann eine große Zahl von deutlich reicheren Fundstellen. Sie gehen auf unsere eigene Art zurück, den Homo sapiens. Überall auf dem Farmgelände hinterließ er steinerne Klingen, Schaber und Spitzen. Während dieser Phase begann der archaische Homo sapiens, sich kulturell und anatomisch zum modernen Menschen mit neuen komplexen Verhaltensweisen zu entwickeln, eine Zeit, die schließlich in das Later Stone Age mündet: Die Menschen hinterließen an vielen Orten der Farm kleine, spezialisierte und komplexe Steinwerkzeuge, vor allem aber eine unübersehbar große Zahl an Malereien auf den Granitwänden, kunstvolle Zeugen der Vergangenheit, die - eingebettet in eine grandiose Landschaft - mehr Fragen als Antworten bereithalten, aber einen Großteil der Faszination Omandumbas ausmachen.
Pics on the Rocks
Vor 2000 - 4000 Jahre haben die fernen Vorfahren der heutigen San zahllose Felsmalereien auf den Granitwänden der Farm hinterlassen. Es dürften weit mehr als 100 Stellen mit mehreren Tausend Einzeldarstellungen sein. Systematisch gezählt hat sie bisher noch niemand und es kommen immer wieder Neuentdeckungen hinzu. Die dargestellten Tiere - Springböcke, Kudus, Oryxantilopen, Giraffen und andere mehr – entstammen der Welt der Jäger und Sammler, die in kleinen Gruppen durch das Land zogen. Aber auch und vor allem sich selbst haben sie dargestellt, oft geschlechtslos, oft in Bewegung, nur selten bei einer bestimmten Tätigkeit wie der Jagd. Keiner weiß bisher, warum sie das taten, und manche der Motive geben bis heute Rätsel auf. Sicher jedoch ist, dass sie festhielten, was ihr Leben ausmachte - ihre Umwelt und ihre mobile Gemeinschaft. Das Gefühl, das eine Felsbildtour auf Omandumba den Gästen vermitteln kann, hat wohl keiner besser in Worte gefasst als der Prähistoriker Henri Breuil in seinem 1960 erschienenen Buch über die Felsmalereien auf Omandumba:
"... Dieses merkwürdige Gefühl, in eine Welt einzudringen, die wir bei aller Lebendigkeit ihrer Bilder niemals vollständig verstehen konnten, war in mir immer präsent, solange wir im Erongo waren. Es war, als ob in dieser einsamen Region ein riesiges illustriertes Buch offen gelassen worden wäre, nur um vergessen zu werden, und als ob der Schlüssel zu seinem Inhalt verloren gegangen ist..."
Zeitreise in die Fackelträgerhöhle
Fester Bestandteil der täglich stattfindenden Felsbildtour für Gäste ist die Fackelträgerhöhle, eine Felsbildstelle von besonderer Bedeutung. Denn hier hat Herbert Wendt 1968 archäologische Grabungen durchgeführt. Auf der 22 m2 großen Grabungsfläche fand er rund 30.000 Steinartefakte. Sie stammen mit einem Alter von bis zu 3000 Jahren zum größten Teil aus dem Later Stone Age. Unter den Artefakten befanden sich zahlreiche winzige Steineinsätze von Pfeilspitzen und kleine Schaber und Kratzer. Geräte aus Knochen sowie Reib- und Mahlsteine mit z.T. noch anhaftenden Farbpigmenten, Straußeneiperlen sowie Schmuckanhänger aus Straußeneierschalen, Schiefer und Schneckengehäusen geben einen Eindruck vom Alltagsleben der Menschen. Von der Grabung ist heute, abgesehen von einem größeren Erdaushub vor dem Eingang der Höhle, nichts mehr zu sehen, wohl aber von den Malereien, die mit zu den schönsten Namibias zählen. Der beeindruckende Bilderfries mit über 170 Einzelmotiven befindet sich im Inneren des Nordwestraumes. Giraffen, Strauße, eine Herde mit zwei Dutzend Springböcken und ein Köcherbaum geben den Naturhintergrund für die zahlreichen Darstellungen von Menschen ab, die in Gruppen oder einzeln über die ganze Wand verteilt sind. Den Namen erhielt die Fackelträgerhöhle von einer Szene, die letztlich nicht mit Sicherheit zu deuten ist: Eine Gruppe von Menschen läuft auf eine einzelne Figur zu, in der einen Hand eine brennende, in der anderen eine nicht entzündende Fackel.